Mai 06, 2024

Was bedeutet Nachhaltigkeit beim Kaffee?

Von Norbert Rieberer
Was bedeutet Nachhaltigkeit beim Kaffee?

Ökologische Nachhaltigkeit im Kaffeeanbau

Als Bio zertifizierte Kaffeerösterei kaufen wir hauptsächlich biologisch angebauten Grünkaffee und erweitern unser Bio Sortiment laufend. Momentan sind 75% der gesamten gerösteten Menge und 11 von 17 Kaffeesorten Bio zertifiziert. In der biologischen Landwirtschaft wird sichergestellt, dass beim Kaffeeanbau keine Pestizide oder synthetische Düngemittel verwendet wurden. Stattdessen wird nur mit organischen Materialien gedüngt, die meistens von Nutzpflanzen auf der Kaffeefarm stammen.

Ökologischer Kaffeeanbau in El Salvador

 

Bei der ökologischen Landwirtschaft werden die Kaffeepflanzen durch alte Agrotechniken auf natürliche Weise robuster gegen Schädlinge oder extreme Wetterereignisse gemacht. Die umliegende Flora und Fauna kann weiter gedeihen und wird ihrem Lebensraum nicht durch synthetische Düngemittel beraubt. Außerdem werden die Erntehelfer keinen Chemikalien beim Kaffeeanbau oder der Ernte ausgesetzt und die CO2 Emissionen auf dem Farm-Level können deutlich reduziert werden.

Allerdings können sich viele kleinere Betriebe eine Bio Zertifizierung nicht leisten, weil diese für eine einzelne Kaffeefarm recht aufwendig und teuer ist. Daher kann Kaffee durchaus auch nachhaltig ökologisch angebaut worden sein, auch wenn dieser nicht Bio zertifiziert ist. Dies lässt sich nur über eine direkte Beziehung zu den Produzent:Innen eruieren.

Fairer Handel mit den Kaffeeproduzent:Innen

So genannter „Direct Trade“ Kaffee wird von uns direkt mit den Produzent:Innen gehandelt. Durch den direkten Handel erzielen die Kaffeebauern ein deutlich höheres Einkommen, wodurch ein größerer Anteil der Wertschöpfung im Anbauland verbleibt. Erntehelfer:Innen können höher bezahlt werden, die medizinische Versorgung verbessert werden oder in die (Aus-)Bildung von Familien in meist entlegenen Regionen investiert werden. Direkt & fair gehandelter Kaffee hat also auch einen sozioökonomisch entwickelnden Charakter.

Erntehelfer beim Pflücken von Kaffeekirschen in El Salvador

 

Insbesondere den direkten Handel versuchen wir stetig weiter auszubauen. In den letzten 12 Monaten wurde etwas mehr als die Häfte der gesamten gerösteten Kaffeemenge direkt mit den Produzent:Innen gehandelt. Dies wird durch eine zunehmende Unternehmensgröße bzw. Einkaufsmenge leichter, da der Import für kleine Mengen nicht machbar oder unwirtschaftlich ist. Dank des letzten Origin Trips nach Mexiko im Januar 2024, können wir bald erstmals einen Container Rohkaffee aus Chiapas von einer indigenen Kaffeekooperative importieren. Dadurch wird der Anteil an direkt gehandeltem Kaffee in unserem Sortiment bald auf über 60% steigen.

Bis zum Export des Rohkaffees aus dem Anbauland, sind die Anbaubedingungen auf der Kaffeefarm und die Lebensbedingungen der damit beschäftigten Arbeiter:Innen entscheidende Kriterien für die Nachhaltigkeit. Am nachhaltigsten ist ein biologisch angebauter, direkt gehandelter Kaffee.

Transport und dessen CO2-Emissionen

Der gesamte Transport (von der Farm zur Wet oder Dry Mill  & zum Exporthafen, Seefracht, Hafen Europa zur Rösterei) verursacht rund 10% der C02 Emissionen in der gesamten Wertschöpfungskette. Diese lassen sich durch grüne, mineralölfreie Transportmittel reduzieren. Es gibt bereits Versuche Containerschiffe mit großen Segeln auszustatten, damit der Schwerölverbauch am Seeweg reduziert wird. In Europa angekommen wird der Kaffee meistens mit dem LKW vom Hafen zu den Kaffeeröstereien transportiert. Je nach Spedition, Route und Größe der Ladung können große Teilstrecken aber auch mit der Bahn bewältigt werden und nur die letzten Kilometer mit dem LKW.

Hier ist vor allem die Politik gefordert die Rahmenbedingungen vorzugeben und Infrastruktur bereit zu stellen für einen möglichst emissionsarmen Transport. Zum Beispiel durch Förderungen für das Umrüsten auf emissionsfrei betriebene LKW-Flotten, ein flächendeckendes Netz an E-Ladestationen oder ein funktionierendes, umfangreiches Schienennetz innerhalb von Europa.

Wir arbeiten mit Speditionen zusammen, die den überwiegenden Teil des Transportweges vom Hafen bis nach Wien mit der Bahn zurücklegen und den Großteil der LKW Flotte mit E-Mobilität betreiben. Innerhalb von Wien beliefern wir über 80% unserer Firmenkunden emissionsfrei mit dem E-Lastenrad. Webshop Bestellungen von Privatkunden versenden wir CO2-neutral mit der Österreichischen Post.

Produktion in der Kaffeerösterei

Für das Kaffeerösten benötigt man Energie, um die Röstmaschine zu erhitzen. Dies erfolgt in den meisten Fällen durch Erdgas oder Flüssiggas. Die Nachhaltigkeit dieser Energieform unterscheidet sich je nach Energieanbieter und der Quelle des Gases. Es gibt aber auch schon einige Röstmaschinen, die mit Strom oder Wasserstoff betrieben werden. Bislang können nur relativ kleine Röstmaschinen mit Strom betrieben werden, da der Energiebedarf beim Kaffeerösten durch die erforderliche Hitze relativ hoch ist. Außerdem muss bei allen Energieformen die Herstellung des Stroms (Atomstrom & Strom aus Kohlekraftwerken vs. Solarstrom & Windstrom bzw. des Wasserstoffs (Herstellung energieintensiv => Grüner Wasserstoff) betrachtet werden. Im Vergleich zu anderen Herstellungsschritten in der Wertschöpfungskette entstehen beim Röstprozess weniger als 5% der gesamten CO2 Emissionen. Auch diese Emissionen gilt es zu optimieren und das Herstellungsverfahren möglichst umweltfreundlich zu gestalten.

Kaffee Röstmaschine

 

Als kleine Kaffeerösterei teilen wir uns momentan noch eine mit Flüssiggas betriebene Röstmaschine mit zwei Kollegen, damit die Anlage optimal ausgelastet wird und Kosten zu teilen. Bei zukünftigen Investitionen wird die CO2 Bilanz der jeweiligen Energiequelle eine noch größere Rolle spielen, um eine möglichst CO2 neutrale Produktion zu erreichen.

Verpackung - Einsparen und Recycling

Die Recyclingfähigkeit einer Kaffeeverpackung ist nicht automatisch gegeben. Diverse Verbundmaterialien (Materialmischungen aus verschiedenen Kunststoffen oder Aluminium- oder Papierbeschichtung) und das Kleben von Papieretiketten auf die Kaffeebeutel, machen eine Verpackung oft nicht recyclebar! Am besten für das Recycling sind Verpackungen aus nur einem Material, meist ein Kunststoff (Polyprophylen PP oder Polyethylen PE). Dieses so genannten Monomaterial kann in den meisten industriellen Müllverwertungsanlagen am besten aufbereitet, recycled und wieder der Kreislaufwirtschaft zugeführt werden.

Wir haben uns diesem Thema in den letzten Wochen intensiv gewidmet und haben einen Hersteller gefunden, der uns ein voll recyclingfähiges PE-Monomaterial liefern kann. Darauf werden wir ein PE-Etikett für jede Kaffeesorte kleben. Unsere neue, voll recyclingfähige Verpackung werden wir im Sommer 2024 launchen. Außerdem beliefern wir viele unserer Firmenkunden bereits mit wiederbefüllbaren Mehrwegbehältern und vermeiden damit eine große Menge Abfall.

Kaffee vom Santa Ana Vulkan El Salvador

Fazit: Nachhaltigkeit ist vielschichtig

In der Wertschöpfungskette tragen viele Aspekte global dazu bei, ob ein Kaffee "nachhaltig" ist. Wir sind sehr bemüht, die Produzent:Innen im Anbauland durch möglichst direkten Handel und höhere FOB (Free on Board) Preise bei Händlern fair zu bezahlen. Außerdem kaufen und rösten wir hauptsächlich ökologisch angebauten Bio-Kaffee oder beziehen den Rohkaffee von Farmen, die sorgsam mit der Natur umgehen und auf Pestizide bewusst verzichten. Wir versuchen laufend bei der Produktion und im Transport CO2 Emissionen bestmöglich zu vermeiden oder einzusparen. Das Gleiche gilt für die Vermeidung von Abfall durch Mehrwegbehältnisse in der Gastronomie und die Entwicklung einer voll recyclingfähigen Kaffeeverpackung.

Grundsätzlich wird jede Unternehmensentscheidung bei Süssmund Kaffee auf ihre Nachhaltigkeit überpüft. Sowohl laufende Prozesse in der Produktion oder der Logistik, als auch neue Anschaffungen von Material oder Kooperationen mit Lieferanten. Nur durch laufendes Monitoring können Defizite erkannt, Lösungen entwickelt und damit Nachhaltigkeitsziele erreicht werden.

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